Afrika südlich der Sahara ist die von HIV/AIDS meist betroffene Region der Welt.
2014 lebten 25,8 Millionen Menschen mit HIV/AIDS in diesen Ländern, das sind 70 % aller Infizierten weltweit.
In Uganda infizierten sich seit 1980 etwa 2 Millionen Menschen mit HIV und AIDS. Über 800.000 Menschen sind bereits an den Folgen der Immunschwächekrankheit gestorben. Etwa 20% aller ugandischen Kinder wurden durch die HIV-Epidemie zu Waisen. So gut wie jede Familie ist direkt oder indirekt von dieser Krankheit betroffen.
Bis 2004 galt die ugandische AIDS-Politik als eine der fortschrittlichsten auf dem ganzen Kontinent. Die Zahl der HIV-Infizierten liegt heute bei etwa 5% der Bevölkerung, im Jahr 1992 waren es noch 15%. Außerdem sank die Zahl der AIDS-Toten von 110.000 im Jahr 2001 auf 78.000 im Jahr 2005. Dieses Ergebnis wurde durch gezielte Aufklärungs- und Gesundheitspolitik und die Stärkung von Frauen in der Gesellschaft erreicht. 1987 hatte der noch heute regierende Präsident Yoweri Museveni als eines der ersten afrikanischen Staatsoberhäupter das Problem AIDS offen angesprochen. Weil keine Therapie und kein Geld für Kondomkampagnen zur Verfügung standen, hielt er seine Männer zur Treue an. »Zero-grazing« nannte er das in Anspielung auf Rinder, die nur auf der eigenen Wiese »grasen« sollen. Die landwirtschaftliche Metapher wurde von der überwiegend ländlichen Bevölkerung verstanden.
Die Lebenserwartung in Uganda beträgt 54 Jahre, etwa die Hälfte der ugandischen Einwohner lebt unterhalb der Armutsgrenze von weniger als einem Dollar pro Tag, die Kindersterblichkeitsrate ist hoch und der Zugang zu medizinischer Versorgung ungenügend.
Trotz der intensiven Aufklärungsarbeit leben in Uganda heute nahezu 2 Millionen "AIDS-Waisen".
In vielen Dörfern wurde die mittlere Generation nahezu komplett von der Krankheit ausgelöscht. Wenn die Kinder Glück hatten, lebten sie bei ihren Großeltern. Leider sind noch immer allzu viele Kinder sich selber überlassen. Sie leben in reinen Kinderhaushalten. Für manch 10- oder 11-jähriges Kind bedeutet das, sich um seine jüngeren Geschwister und oft auch um jüngere Cousins und Cousinen kümmern zu müssen, ohne jegliche Unterstützung von außen. Oft landen die Waisenkinder aber auch auf der Straße. Welche Perspektiven diese Kinder haben und wie hoch ihre Lebenserwartung ist, kann man sich vorstellen.
Mädchen werden dabei ungleich häufiger Opfer von Gewalt und sexuellen Übergriffen. Deshalb benötigen sie einen besonderen Schutz.
In Uganda ist ein besonderes Projekt entstanden, bei dem infizierte Eltern, hauptsächlich Mütter, für ihre Kinder sogenannte „Memory Books“, Erinnerungsbücher, verfassen. Hierbei schreiben sie ihre Familiengeschichte, ihre Kindheitserinnerungen oder auch Zukunftswünsche auf und setzen sich gemeinsam mit ihren Kindern intensiv mit ihrem bevorstehenden Tod auseinander. In Form von Geschichten, Märchen und Liedern werden Familienerinnerungen, Werte und Traditionen vermittelt. Henning Mankell startete, zusammen mit der Organisation Plan International, dieses wichtige Projekt, das er in seinem Buch "Ich sterbe, aber die Erinnerung lebt" beschreibt. Er erzählt von seinen Reisen nach Uganda, seinen Gesprächen mit AIDS-Kranken und von den “Erinnerungsbüchern”.
Das Schreiben dieser Memory Books lässt die Familie zusammenwachsen. "Ich war froh, dass ich meinen Kindern von mir erzählen konnte. Das Schlimmste für ein Kind ist, wenn es später herausfindet, dass seine Eltern ihm wichtige Informationen verheimlicht haben" erklärt Beatrice Were, Programm-Koordinatorin von NACWOLA (National Community of Women Living with HIV/AIDS in Uganda).
Hier ein kurzer Film über NACWOLA und die Memory Books:
Die Memory Books sind oft der einzige Schatz, den diese Kinder haben. In diesem Buch können die Kinder im Laufe ihres Lebens Antworten auf viele Fragen finden. Wie sie zum Beispiel mit 4 Jahren aussahen oder eine kleine Erzählung aus ihrer Kindheit. Eine Beschreibung des Elternhauses. Hoffnungen und Wünsche ihrer Eltern für ihre Zukunft, oder was ihren Eltern ganz besonders am Herzen lag. Es können auch Informationen über Freunde ihrer Familie, die Weltanschauung, die Ausbildung und den Arbeitsalltag ihrer Eltern darin niedergeschrieben sein.
Dieses Memory Book begleitet die Kinder durch ihr ganzes Leben und enthält auch bedeutsame Erinnerungen für ihre eigenen Kinder und spätere Generationen. Nicht zu unterschätzen sind diese Bücher, wenn es darum geht, Besitzstände zu dokumentieren. So hat ein Memory Book bereits so manchem Kind das Haus oder Grundstück der Familie erhalten.
Ganz besonders deutlich wird die Situation der AIDS Waisen in dem Film „Memory Books - damit du mich nie vergisst“ von Christa Graf. Sie hat das Projekt Memory Books sehr gefühl- und eindrucksvoll verfilmt.